Von Mario Hommen
Während viele Hersteller die Designs etablierter Baureihen mit jeder Neuauflage behutsam weiterentwickeln, vollziehen neue Generationen bei Kia meist einen radikalen optischen Wandel. So auch die vierte Generation des SUV-Modells Sorento, die in mehrfacher Hinsicht für den konsequent nach vorne gerichteten Blick der Koreaner steht. Zugleich aber hat die dieser Tage startende Neuauflage auf überraschende und der Sicherheit zuträglichen Weise auch den Blick zurück kultiviert.
Der Sorento wirkt stattlich, modern und im Vergleich zum Vorgänger recht kantig. Von der hausbackenen Aura der 2002 gestarteten ersten Generation ist jedenfalls nichts geblieben. Auch Zitate von Generation zwei oder drei sucht man vergeblich. Allein die seitliche Fenstergrafik entspricht der des Vorgängers, gegenüber dem hat der neue Sorento um lediglich einen Zentimeter auf 4,81 Meter zugelegt.
Entscheidender ist jedoch der um fast vier Zentimeter gewachsene Radstand, der für mehr Platz innen sorgt. Nicht nur vorne sitzt man kommod, auch auf der Rückbank ist die Kniefreiheit fürstlich. Dank flachem Kardantunnel können sich im Fußraum zudem sechs Beine gut sortieren. Rund 965 Euro Aufpreis kostet eine dritte Sitzreihe, auf der sogar durchschnittlich große Erwachsene noch ausreichend Platz finden. Sieben Personen – egal ob Kinder oder Erwachsene – können also mitreisen. Oder alternativ viel Gepäck. Rechnet man den Platz der Unterflurfächer hinzu, kann der Fünfsitzer bei umgeklappter Rückbanklehne rund 2,1 Kubikmeter Ladegut aufnehmen. Normal passen in den Kofferraum bis zu 910 Liter.
Tadellose Verarbeitung
Die von uns getestete Topausstattung Platinum bietet einen sehenswerten Mix aus großzügig dimensionierten Softtouchbereichen in Lederoptik, zahlreichen Rähmchen in Metallanmutung sowie schwarzen Hochglanzflächen. Hinzu kommen eine tadellose Verarbeitung der in Korea produzierten Kia-Baureihe sowie jeweils imposante Riesendisplays für Kombiinstrument und Infotainmentsystem. Letzteres beherrscht selbstredend den aktuellen Stand der Konnektivitätstechnik, die unter anderem auch eine UVO genannte Smartphone-App umfasst, mit deren Hilfe der Nutzer selbst über weite Distanz hinweg Kontrolle über das Fahrzeug erlangt. Wer etwa das Verriegeln vergessen und den Signalgeber im Fahrzeug liegengelassen hat, kann das Verriegeln per App selbst über hunderte Kilometer hinweg nachholen. Und wer in die Navigation ein Ziel eingibt, bekommt von der App selbst noch Weghinweise angezeigt, wenn er für den finalen Fußweg das Fahrzeug verlassen hat.
Wie derzeit üblich, bietet der neue Sorento in beeindruckend großer Zahl Assistenzsysteme, deren Notwendigkeit man im Einzelfall auch hinterfragen könnte. Zwei neue Funktionen haben sich als jedoch überraschend innovativ wie vorteilhaft erwiesen: Wer bei Ampelstopps beim Wechsel auf Grün nicht anfährt, wird vom Bordsystem zum Losfahren ermahnt. Außerdem gibt es eine neue Totwinkel-Funktion, bei der automatisch mit dem Setzen des rechten oder linken Blinkers die Bilder von in den Außenspiegeln integrierten Kameras im digitalen Kombiinstrument eingeblendet werden. Diese zeigen mehr als Schulterblick und Seitenspiegel dem Fahrer vermitteln können. Wer beim Abbiegen auch das Kamerabild im Auge behält, hat den Fahrbahnrand sowie dort möglicherweise befindliche Hindernisse besser im Blick.
Kia Sorento (2021)
BildergalerieZum Marktstart ist der neue Sorento wahlweise mit einer Vollhybrid-Kombination aus 1,6-Liter-Benziner und E-Motor mit 169 kW / 230 PS Systemleistung oder alternativ mit dem von uns getesteten 2,2-Liter-Diesel mit 148 kW / 202 PS bestellbar. Nächstes Jahr wollen die Koreaner noch einen Plug-in-Hybrid nachreichen. War der Vorgänger ausschließlich als Diesel erhältlich, haben Kunden künftig also die Wahl, die nach Einschätzung von Kia vor allem auf Diesel und Plug-in-Hybrid doch nur in kleinem Umfang auf den Vollhybrid fallen wird. Der Diesel bringt den Zweitonner in Kombination mit dem optionalen Allradantrieb und dem obligatorischen Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe ordentlich in Schwung. 9,2 Sekunden dauert es, bis die 100er-Marke fällt, bei knapp über 200 km/h ist allerdings Schluss. Selbst bei Höchstgeschwindigkeit macht der Sorento einen verbindlichen und vertrauenerweckenden Eindruck. Das ausgewogene Fahrwerk wirkt bisweilen etwas straff, doch das innen angenehm ruhige SUV fährt sich insgesamt dennoch kommod. Hadern kann man hingegen mit dem realen Spritkonsum, denn aus den rund sechs Litern des von Kia in NEFZ -Wert umgerechneten Verbrauchs sind im ersten Test praktisch neun Liter Diesel auf 100 Kilometer geworden.
Gute Offroad-Eigenschaften
Verblüffend gut hat sich der Sorento bei einer kleinen Runde durch einen Offroad-Parcours geschlagen. Dank selbsttragender Karosserie und Einzelradaufhängung rundum sind starke Achsverschränkungen ebenso wenig angesagt wie Sperren oder Getriebeuntersetzungen. Doch die Macht der Regelsysteme lässt das Dickschiff steile und holprige Passagen ebenso wie weiche Untergründe ziemlich lässig meistern. Unter anderem helfen dabei die per Drehrädchen aktivierbaren Mud- oder Sand-Modi und eine Bergabfahrkontrolle. Mit Unterstützung der Rundum-Kameratechnik behält man im Kraxelmodus zudem zu den Seiten sowie nach vorne und hinten beste Übersicht, selbst wenn man durch die Windschutzscheibe nur noch Himmel sieht.
Fehlt noch der Blick auf die Preisliste: Rund 35.700 Euro netto kostet der Diesel mit der Basisausstattung Edition 7, die 17-Zoll-Räder, Digital-Kombiinstrument, Rückfahrkamera, beheizbares Lederlenkrad, Parkpiepser sowie viele Assistenten wie etwa einen Abstandstempomaten bietet. Wer mehr möchte, kann alternativ die Ausstattungspakete Vision, Spirit und Platinum wählen. Letztere Version kostet mit Diesel rund 46.900 Euro nettto. Kommen noch Metallic-Lack sowie dritte Sitzreihe hinzu, liegt man bei über 48.000 Euro netto. Etwas Wehmut könnte einem dann doch beim Blick auf frühere Sorento-Generationen überkommen, denn noch vor gut zehn Jahren wurden Einstiegspreise deutlich unter 26.000 Euro netto aufgerufen.