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Cadillac Lyriq: Willkommen zurück – abermals

18.09.2024 08:10 Uhr | Lesezeit: 3 min
Mit dem Cadillac Lyriq versuchen die US-Amerikaner in Deutschland durchzustarten.
© Foto: Michael Blumenstein

Die GM-Tochter Cadillac wagt einen Neustart in Europa und vor allem in Deutschland – mal wieder. Wir sind mit dem 5-Meter-Elektro-Kolloß Namens Cadillac Lyriq durch München gefahren.

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Elektromobilität macht’s möglich: Die Hürden sämtlicher Abgasvorschriften, die bei Verbrennern immer höher gesetzt werden, spielen bei der E-Mobilität keine Rolle. Es kommt ja nichts mehr hinten raus. Crashtechnisch und unter Cyber-Security-Aspekten sind die Unterschiede gering, bzw. die Anforderungen in den Ländern mit einer globalen Entwicklung zu meistern – den Rest erledigt die Software. Die Welt heißt überall neue Elektroautos willkommen – auch und gerade die aus den USA. Tesla machte den Anfang, Rivian versucht es noch, Lucid ist am Start und nun auch (wieder) Cadillac.


Cadillac Lyriq

Cadillac Lyriq schraeg von vorn fotografiert vor modernem Gebäude, Cadillac ist in rotmetallic lackiert Bildergalerie

Der Cadillac Lyriq verkauft sich in den USA gut

Cadillac ist seit 1902 bekannt für ausufernde Straßenkreuzer und den „American Way of Drive“. Gibt es im Heimatmarkt noch immer das SUV-Portfolio, bestehend aus Escalade, XT6, XT5 und XT4 (den gab es bis zuletzt auch noch zaghaft bei uns), bieten die US-Amerikaner fortan in Europa nur noch E-Versionen an. Doch Obacht, diese gibt es auch in den USA und deren Absatz darf für diesen Markt als „bemerkenswert“ gelten. So hat sich der Cadillac Lyriq im ersten Halbjahr 2024 in den USA 13.094 Mal verkauft – dort gibt es ihn seit zwei Jahren. Diese Zahlen werden in Deutschland freilich nie erreichbar sein. Zu speziell ist die Marke Cadillac und der Lyriq und zu viel Konkurrenz gibt es in Form eines BMW iX, Mercedes EQE SUV, Volvo EX 90 oder auch von asiatischen Anbietern.

Was den Lyriq auszeichnet? Exklusivität und sein Preisvorteil. Er sticht aus der Masse der Einerlei-SUV hervor. Die Front ist speziell, die Silhouette besonders und das Heck keck. So kann es was werden, denn Design ist noch immer Geschmacksache und damit subjektiv, Punkt. Objektiv betrachtet, ist es nicht ganz so einfach, an einen Cadillac Lyriq heranzukommen. In Deutschland gibt es ein knappes Dutzend Service-Partner. Bis Frühjahr 2025 können sich Interessenten an deren „nahegelegene“ Motorworld wenden, dort poppen Kurzzeit-Ausstellungsflächen der US-Amerikaner auf und dort können auch Probefahrten unternommen werden.

Deutlich mehr Auto beim Cadillac Lyriq

Genau diese machen wir jetzt in München beim „ersten Kennenlernen“. Also reinsetzen und umschauen. Wir sitzen im „Sport“, den es zum gleichen Preis gibt, wie den „Luxury“. 80.500 Euro werden dafür aufgerufen – brutto. Zum Vergleich: Ein BMW iX startet knapp darunter – ohne Allradantrieb (vielleicht wichtig), mit fast 30 kWh weniger Akkukapazität (wichtig), mit einem PS-Minus von 200 PS (unwichtig) und weniger Ladeleistung (wichtig) sowie weniger Ausstattung (vielleicht wichtig).

Luxury und Sport unterscheiden sich beim Lyriq durch andere Felgen (in identischem 21-Zoll-Format), differenzierte Frontmaske (die in der EU unbeleuchtet ist) und chromglänzende Fensterzierleisten anstelle der dunkel anodisierten. Das ist ein bisschen wenig. Die Nappaledersitze – sie gibt es hüben wie drüben in beige und schwarz – justiert man wie bei Mercedes mittels Sitz-Mimik in der Türverkleidung. Super. Weniger super: Es gibt weder eine Möglichkeit, die sehr kurzen Schenkelauflagen zu verlängern, noch die sehr breit ausgeführten Lehnen an den Körper anzuschmiegen – zudem fehlt eine Vierfach-Verstellung der Kopfstütze, in die dafür ein Teil des AKG-Soundsystems integriert wurde (dazu später mehr). In diesem Segment darf man bei den Sitzen mehr erwarten – und sei es optional. Immerhin, gemütlich sind die Fauteuils – „Ami-Style“ eben.

Rücksitzbank im Cadillac Lyriq mit beigefarbenem Nappaleder bezogen
Hinten gibt es in der Breite viel Bewegungsfreiheit, nach oben nicht sonderlich.
© Foto: Michael Blumenstein

Wenig Kopffreiheit im Cadillac Lyriq

Auch hinten sitzt es sich luftig. Drei Schmale können komfortabel auch weite Strecken nebeneinander fahren – kein Wunder, der Cadillac Lyriq ist fast zwei Meter breit – gemessen ohne Spiegel (BMW iX hat identische Abmessungen). Hinten wird es eher eng am Schopf, denn Sitzriesen machen schnell Bekanntschaft mit dem (vorn zu öffnenden) Glasdach, das serienmäßig installiert wird. Mit der Kopffreiheit hapert es interessanterweise auch an der Heckklappe. Ab 1,85 Metern macht es schnell mal „bong“. Ins Heck passen Abmessungs-adäquate 588 Liter. Einen Frunk gibt es nicht.  

Generell ist im Lyriq alles serienmäßig. Lediglich der Lack und die erwähnte Farbe des Leders kann gewählt werden, erstes kostet zwischen 950–1.950 Euro brutto. Mehr ist nicht zu haben, auch kein Head-up-Display und Apple Carplay läuft nur mittels Kabelverbindung.

An den verwendeten Materialien kann kaum gemeckert werden. Der Haltegriff an der A-Säule ist cool und hilfreich. Den elektronischen Rückspiegel gab es übrigens zuerst bei Cadillac (im Jahr 2016) – und im Lyriq immer noch. Weniger nach Premium fühlen sich hingegen die Sonnenblenden an, mit denen man häufig „interagiert“ und dann merkt: das passt nicht. Ein ebenso haptisches Desaster ist der Plastik-Knubbel an den B-Säulen zum Jacke aufhängen. Ansonsten wirkt der Lyriq aber eher aus den Vollen geschnitzt. Kein Wunder, Stichwort 2.774 Kilogramm.

So besticht aus qualitativer Sicht auch der Digitaltacho mit einer exzellenten Auflösung, was jedoch nichts daran ändert, dass je nach Lenkradstellung einige Informationen verdeckt werden. Sehr clever gelöst ist das Touch-Feld links neben dem Digitaltacho. Dort kann man zwischen Bordcomputer-Inhalten und dem manuellen Aktivieren des Abblendlichts und anderen Funktionen umschalten.

An der Bedienung kann man generell wenig kritisieren. Eine Taste links über dem Knie zum Deaktivieren des Spurhalte-Assistenten ist ebenso sinnvoll, wie ein dort angebrachtes Drehrädchen zum Justieren der Instrumentenbeleuchtung. Ebenso erstklassig gelöst: Die Frontkollisionswarnung meldet sich rot blitzend in der Windschutzscheibe und lässt den Sitz vibrieren. Dezent und dennoch für jeden hinter dem Steuer spür- und sichtbar. Ebenfalls ideal: Es kann nicht nur getoucht werden, denn zusätzlich steht ein Dreh-Drück-Steller zur Verfügung – ganz nach eigenem Geschmack – das ist schön und zeichnet Premiumfahrzeuge aus.


Cadillac Lyriq AWD Sport

Preis 80.500 € (brutto)
Zwei permanent-Magnet-Motoren
388 kW/528 PS | 610 Nm
5,3 s | 210 km/h
Reichweite 530 WLTP-Kilometer
Akkukapazität 102 kWh (brutto)
Ladeleistung AC 11/DC 190 kW
WLTP-Verbrauch 22,5 kWh
Maße 5.005 x 1.977 x 1.623 mm
Kofferabteil 588–1.687 Liter
Wartung 2 Jahre/24.000 km
Garantie 4 Jahre/100.000 km
8 Jahre/160.000 km (auf Akku)



Wer ist Cadillac-Lyriq-Kunde?

Die Zielgruppe für genau solch ein Automobil ist spitz, um nicht zu schreiben: nadelspitz. Cadillac sieht im Lyriq vor allem die Menschen, die technikaffin sind, sich aber nicht in den etablierten Premiumfahrzeugen wiederfinden. Wie viele Menschen das in Deutschland sein könnten, wird indes nicht verraten. Klar ist, dass man bereit sein muss, für 80.500 Euro (brutto) ein fünf Meter langes und zwei Meter breites Elektro-SUV auszugeben, was innerstädtisch Harakiri nahekommt. Dass die Zuladung mit 436 Kilogramm ähnlich ausfällt wie bei einem VW Polo, sei noch am Rande erwähnt.

Der Elektro-Koloss setzt sich sehr geschmeidig und sanft in Bewegung. Die vorhandene Leistung kann perfekt via Gaspedal portioniert werden. Auch bei Vollbeschleunigung gibt es keinen derben Tritt in den Rücken, sondern nachhaltigen Tempozuwachs. In Sekunden benötigen die 528 PS kurzweilige 5,3, um aus dem Stand aufs Landstraßentempo zu beschleunigen. Linear geht es weiter bis 210 km/h – zumindest in Deutschland. Auf der Autobahn wankt das Schiff jedoch deutlich und animiert vielmehr zum Cruisen, passend also zu einem US-amerikanischen Automobil und passend zur E-Mobilität. In Kurven merkt man fast jedes der Zweimillionensiebenhundertvierundsiebzig Gramm, die zum Kurvenaußenrand schieben. Adaptiv ist am Fahrwerk nichts.

Die Geräuschkulisse bleibt vorn sehr niedrig und lässt das gefahrene Tempo kaum erahnen – so lassen sich Kilometer machen. Ein besseres Ansprechverhalten der Dämpfer wünscht man sich dennoch, vor allem innerstädtisch ploppen die 21-Zöller hör- und spürbar über Straßenflicken.

Innenaufnahme vom Cockpit während der Fahrt im Cadillac Lyriq
© Foto: Michael Blumenstein

Exzellente Wintereignung laut Cadillac

Gibt es den Lyriq in den USA auch mit Heckantrieb, wird er hierzulande (vorerst) nur als Allradler angeboten. Beim Cadillac ist man aber nicht nur wegen des Allradantriebs und seiner Schneeeigenschaften stolz auf den Lyriq, sondern auch wegen dem Thema Reichweite und Laden. Denn die Ultium-Plattform, speziell für E-Modelle von GM entwickelt, soll kälteunempfindlich sein und den Reichweitenverlust bei Minusgraden reduzieren. 530 Kilometer sollen es nach WLTP bei milden Temperaturen sein. Kein rekordverdächtiger Wert – ebenso der Verbrauch von 22,5 kWh, der nach dem ersten Eindruck ohne Probleme erreichbar scheint.

Gut, dass mit dem 102-kWh-Akku einer der größten im Unterboden geschichtet wurde. Wer nachladen muss, kann das am CCS-Lader mit bis zu 190 kW (400-Volt-System) tun. Wer AC lädt, steht auch mal zehn Stunden, denn da laufen maximal 11 kW durch. Auch da wären 22 kW (in der Preisklasse) als Option erstrebenswert, um den Anschluss nicht zu verpassen. Geladen wird vorn links, die Klappe öffnet elektrisch unterstützt.


Cadillac Opulent Velocity Concept

Cadillac Opulent Velocity Concept Bildergalerie

Damit man die passenden Ladepunkte auf der gewählten Strecke findet, ist Googlemaps mit dem Lyriq verbunden und weiß, wann geladen werden sollte und zeigt an, wo das mit welchem Akku-Rest-Stand möglich ist. Funktioniert gut, kennt man beispielsweise von Volvo und Polestar.

Gute Soundsysteme kennt man ebenfalls von den Skandinaviern. Cadillac war aber früher dran mit gutem Klang und hat mittlerweile ein schön austariertes AKG-System eingekauft. AKG war mal ein österreichischer Hersteller, gehört mittlerweile zu Harman, die wiederum zu Samsung gehören und fast alle bekannten Hifi-Hersteller in sich vereinen. Welche? AKG, Bang & Olufsen, Bowers & Wilkens, Harman-Kardon, Infinity, JBL, Mark Levinson und ein gutes Dutzend mehr. Beim Lyriq sind sogar Lautsprecher in den Kopfstützen – nicht zum ersten Mal bei Cadillac, Bose hatte das um die Jahrtausendwende bei den Detroitern eingeführt.

Mit vier Jahren Garantie wollen die US-Amerikaner vertrauen erwirken, 100.000 Kilometer Fahrstrecke sind dann ebenso abgedeckt – realistisch für ein E-Auto dieser Gattung.

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