Die sogenannte Wechselprämie, die bisher Kunden in besonders belasteten Städten vorbehalten war, bietet VW nun in ganz Deutschland an. Bei der Inzahlungnahme eines Diesel-Fahrzeugs mit Euro-4- oder Euro-5-Abgasnorm sollten zusätzlich zum Restwert zwischen 500 und 7.000 Euro gezahlt werden, kündigte die Konzernmarke VW Pkw am Mittwoch an. Bei Audi sind bis zu 9.000 Euro drin.
Experten reagierten allerdings skeptisch, für den Auto-Branchenfachmann Ferdinand Dudenhöffer geht es um reine Verkaufsanreize. Im Kampf gegen drohende Diesel-Fahrverbote werde dies nicht helfen - "da kann Scheuer jetzt Luftsprünge machen", urteilte Dudenhöffer mit Blick auf Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der positiv auf das VW-Tauschangebot reagiert hatte. Vielmehr gehe es darum, VW und Audi im Markt zu stabilisieren, schließlich seien wegen der schwierigen Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfstandard WLTP die "Marktanteile wahnsinnig in die Knie gegangen". Auch Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sprach von einem "reinen Verkaufsprogramm". Dies sei ein "Zeichen dafür, dass die Autoindustrie nicht wirklich etwas ändern möchte". Branchenexperte Stefan Bratzel schränkte ein, die Aktion könne "etwas bringen". Er sprach von einer symbolischen Maßnahme, die eigentlich früher hätte kommen müssen. Aber: "Dass die Luftqualität messbar besser wird, das halte ich kaum für möglich. Wenn VW mehr verkauft, hilft es VW."
VW gab bekannt, dass die Rabatte beim Wechsel zu einem Neuwagen zwischen 500 Euro für den Kleinwagen Up und 7.000 Euro für Passat oder Touareg betragen sollen - und zwar vom 24. Januar an. Marken-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann betonte, dies unterstreiche das VW-Engagement für eine bessere Luftqualität. Die sogenannte Wechselprämie werde auch für Jahreswagen gewährt, die Prämienhöhe sei dann aber geringer. Außerdem gelte weiter der Umweltprämie genannte Rabatt bei Verschrottung eines Diesels mit der Abgasnorm Euro 1 bis Euro 4 und Umstieg auf einen VW-Neuwagen oder -Jahreswagen.
Auch Audi zahlt Wechselprämie jetzt bundesweit
Die Volkswagen-Nobeltochter Audi wiederum bietet Autofahrern für ihren Euro-4- oder Euro-5-Diesel beim Kauf eines neuen Audis zwischen 2.000 und 9.000 Euro Rabatt. Auch dieses Angebot gilt bis Ende April. Der Autobauer ist wie VW bei der Umstellung seiner Modelle auf den neuen Verbrauchs- und Abgasstandard WLTP im Verzug. Dies ist ein Grund dafür, dass Audi im vergangenen Jahr in Deutschland nur 260.000 Fahrzeuge verkaufte - fast zwölf Prozent weniger als im Vorjahr. Nach Angaben von Volkswagen wurden mit Hilfe der Rabattaktionen seit August 2017 mehr als 240.000 alte Diesel gegen neue Wagen getauscht.
Auch andere Autobauer gewähren Preisabschläge beim Neuwagenkauf, um ältere Diesel von den Straßen zu holen. Daimler beispielsweise bietet für Diesel der Marke Mercedes-Benz je nach Modell bis zu 10.000 Euro in den besonders belasteten Gebieten - außerhalb sind es 2.000 Euro. BMW gewährt bei der Inzahlungnahme von Dieselautos der Abgasnorm Euro 4 oder Euro 5 in besonders belasteten Regionen Rabatte von 6.000 Euro.
Dagegen hatte sich die Branche gegen Hardware-Nachrüstung lange hartnäckig gewehrt. Dabei geht es um den Einbau sogenannter SCR-Katalysatoren, um den Schadstoffausstoß zu senken. VW und Daimler sagten aber zu, Dieselautos in 15 "Intensivstädten" mit besonders hoher Schadstoffbelastung für bis zu 3.000 Euro pro Wagen mit einer Hardware-Lösung nachrüsten zu lassen. Gerichte ordneten für mehrere Städte Fahrverbote für ältere Diesel an, etwa in Berlin, Köln, Essen oder Frankfurt. Hier liegen die Stickstoffdioxidwerte über dem Grenzwert. In Hamburg sind einzelne Straßen betroffen.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Linken, Ingrid Remmers, sprach mit Blick auf die Preisnachlässe von blankem Hohn für die von Fahrverboten betroffenen Menschen: "Wir brauchen keine Dieselprämie, sondern bundesweite Hardware-Nachrüstungen." Vielen Menschen fehle schlicht das Geld, um "mal eben" ein neues Auto zu kaufen. Und: "Selbst neue Euro-6c-Fahrzeuge reißen die Abgas-Grenzwerte um ein Vielfaches - und sind damit fast genauso dreckig wie die, die sie ersetzen sollen." Fahrverbote seien so nicht zu vermeiden. (dpa)