Das Auto lenkt, gibt Gas, bremst und findet ganz von allein seinen Weg über Autobahnen oder durch den Großstadtdschungel. Und der Fahrer liest Zeitung oder hält ein Nickerchen. Ist das wirklich die Zukunft auf den Straßen unserer Welt? "Nein", sagt Tjark Kreuzinger, Sicherheitsexperte bei Toyota. "Für uns steht nicht ein selbstfahrender Roboter im Mittelpunkt, sondern die Sicherheit der Menschen im Auto und drumherum. Alles, was wir entwickeln, dient vor allem diesem Ziel". Die Vision vom unfallfreien Fahren haben zum Beispiel auch schon Mercedes oder Volvo verkündet und mit jeder neuen Autogeneration verbesserte Assistenzsysteme eingeführt. Auch bei Toyota steht sie seit längerem auf der Agenda.
"Indem wir die bestehenden Systeme wie automatische Notbremsung im Stadtverkehr, Spurhalteassistent oder Abstandsradar ständig weiterentwickeln, landen wir irgendwann von ganz alleine bei einem Auto, dass dem Fahrer bei wesentlichen Leistungen unterstützt, ihm immer mehr seiner Aufgaben abnimmt und menschliche Fehler korrigiert", erklärt Kiyotaka Ise, Chef der Sicherheitsforschung von Toyota. Dazu müssen vor allem die zahllosen Sensoren rund ums Auto, die Kameras, die Radaraugen oder auch die Ultraschall- und Infrarotsysteme verfeinert werden.
Beispiel Rückwärtsfahren. In den USA passieren 60 Prozent der Unfälle auf Parkplätzen beim Zurückstoßen in oder aus Parklücken. Toyota verwendet jetzt zwei Ultraschall-Sensoren mit verschiedenen Reichweiten. Das inzwischen weit verbreitete übliche Signal reagiert auf Hindernisse unmittelbar hinter dem Fahrzeug und warnt durch lautes Piepsen. Hinzu kommt jetzt zusätzliches System, das gut zwei Meter nach hinten schaut, deshalb zum Beispiel einen Fußgänger früher erkennt und im Notfall selbsttätig bremst. Kleine Idee mit großer Wirkung.
Erweiterte Technik
Eingebaut ist die Erweiterung bereits im neuen Flaggschiff des Konzerns, dem Lexus LS 500, dessen fünfte Generation im Frühjahr nächsten Jahres auch nach Deutschland kommt. Erster Erfahrungen auf dem Toyota-Testgelände am Rande des Brüsseler Flughafens Zaventem. Beim Rückwärtsfahren kreuzt plötzlich ein Fußgänger das Heck der großen Limousine, außerhalb der Reichweite des normalen Ultraschall-Signals. Das weiterreichende System erkennt ihn sofort, warnt zunächst und bremst dann ohne Zutun des Fahrers. Weiteres Beispiel: Ein argloser Spaziergänger mitten auf der Landstraße. Wir fahren mit etwa 70 km/h auf ihn zu. Schnell erkennt das Radarsystem im Kühlergrill des Lexus die Gefahr, die dann auch von der Kamera im Zentrum der Windschutzscheibe erfasst wird. Reagiert der Fahrer nicht, wirft der Luxusliner den für den Fußgänger rettenden Anker. Sollte der Bremsweg nicht ausreichen, lenkt der Lexus wenige Zentimeter vor dem Menschen nach links. Dabei hat der Bordcomputer in Bruchteilen von Sekunden ermittelt, ob die Ausweichspur auch frei ist.
"Das Zusammenspiel mehrerer Systeme wie eben zwischen Radar und Kamera ist besonders wichtig. Wir arbeiten daran und kooperieren dabei mit mehreren Universitäten", sagt Ingenieur Kreuzinger und verweist auf Tageszeit und Wettereinflüsse wie dichter Schneefall oder Nebel. "Wenn die Kamera nichts mehr sehen kann, muss eben das Radar einspringen". Er räumt ein, dass all diese Systeme bereits bekannt und in zahllosen Modellen vieler Hersteller bereits im Einsatz sind. "Wir müssen aber erkennen, dass es noch zu früh ist, sich immer zu 100 Prozent auf diese Techniken verlassen zu können. Niemand kann heute sagen, wann der Zeitpunkt erreicht ist, dass der Mensch die Verantwortung an die Elektronik übergeben kann".
Ebenso wie die anderen Konzerne hat Toyota einen Zeitplan entwickelt. Im sogenannten "Toyota Safety Sense" sind diverse Systeme in einem Paket zusammengefasst und teilweise sogar serienmäßig. Beim Hybrid-Bestseller Prius zum Beispiel sind Abstandsradar, Notbremsassistent mit Fußgänger-Erkennung, automatisches Fernlicht und Spurhalte-Warnung an Bord. Ähnliches ist für fast alle Modelle – auch von Lexus - zu haben. In gut zwei Jahren kommt der Co-Pilot für Autobahn. Er beherrscht Ein- und Ausfahrten ebenso wie den sicheren Spurwechsel beim Überholen.
Nächster Schritt: Umgebung erkennen
Als nächste Schritte nennt Top-Manager Kiyotaka Ise das Erkennen der Umgebung des Autos auch im Stadtverkehr. Rote Ampeln, alle Verkehrsschilder, Kreuzungen, Zweiradfahrer oder eben auch Fußgänger. "Das Erkennen alleine reicht natürlich nicht aus", schränkt er ein. "Wir müssen beim Auto beibringen, in der jeweiligen Situation auch richtig zu reagieren. Etwa vorherzusehen, dass hinter einem auf die Straße rollenden Ball meist auch ein Kind folgt, das aber von den Sensoren noch nicht erfasst werden kann".
Weil es im richtigen Leben abseits der Teststrecken eben Millionen von verschiedenen Situationen geben kann, ist der Weg zum völlig selbstfahrenden Auto noch weit. Iso: "Sicher bringt ein automatisiertes Auto viele Vorteile für die Gesellschaft, wirft aber auch viele Fragen auf. Deshalb ist derzeit unser wichtigstes Ziel, unsere Autos dank stets verbesserter Technik immer sicherer zu machen".