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Messerundgang Auto China 2018: Die Boom-Party

26.04.2018 06:02 Uhr
Messerundgang Auto China 2018: Die Boom-Party
Chinas Autohersteller trauen sich was. Hier etwa Honqi mit der Coupé-Studie.
© Foto: Mario Hommen/SP-X

Die großen Automessen in Europa und USA plagt der Bedeutungsverlust. Ganz anders ist die Situation für die Auto China, die sich zur Weltleitmesse mit imposanten Premierenfeuerwerk gemausert hat.

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Von Mario Hommen/SP-X

Es ist noch gar nicht lange her, da galten chinesische Automessen als Kuriositätenkabinett mit Unterhaltungswert. Ob dreister Designklau, abenteuerliche Bastel-Boliden oder ausgemustert geglaubte Baureihen mit neuem Gesicht – Gesprächsstoff lieferten die Branchentreffs im Reich der Mitte stets aufs Neue. Doch in nur wenigen Jahren hat sich die Auto China, die 2018 bis 4. Mai in Peking stattfindet, zu der globalen Leitmesse gemausert. Mittlerweile wird hier Business gemacht - auf quantitativ und qualitativ höchstem Niveau. Und eigentlich alle sind mit von der Partie.

Die Auto China ist damit auch Spiegelbild des beispiellosen Wirtschaftsbooms der Chinesen. Noch Anfang des Jahrtausends war China für die Autobranche ein eher unbedeutender Absatzmarkt, der sich jedoch explosionsartig an die Weltspitze katapultierte. Von 1,2 Prozent im Jahr 2000 stieg der Weltmarktanteil auf 28,4 Prozent in 2017. In absoluten Zahlen heißt das: über 24 Millionen verkaufte Neuwagen allein vergangenes Jahr. Die USA und Europa rangieren weit dahinter. Wirtschaftsexperten wie Ferdinand Dudenhöffer sind sich sicher, dass die Bedeutung von China als Automarkt weiter wachsen wird. Wohl auch deshalb plagen sich andere Automessen mit Bedeutungsverlust, denn Standorten wie Frankfurt oder Detroit springen die Aussteller reihenweise ab, was im Fall von Detroit bereits die Existenzfrage heraufbeschwört. Die Auto China indes gibt Vollgas.

Massenhaft Autos unterwegs

Dass China ein anderes Land geworden ist, zeigt sich bereits auf dem Weg zur Messe. Wer im vorigen Jahrtausend aufgewachsen ist, dürfte sich noch an Bilder aus dem Reich der Mitte erinnern, die Radfahrer-Massen auf breit ausgebauten Straßen aber keine Autos zeigen. Mittlerweile stehen die Räder, allerdings die von Bikesharing-Anbietern, oft wie Müllhaufen auf den Bürgersteigen. Die Straßen hingegen sind voll von Autos, die sich in der Hauptstadt Peking im Dauerhupkonzert durch die Häuserschluchten schieben. Die Schattenseiten des Fortschritts bekommen Besucher auf dem Weg zur Messe in nervenaufreibender Weise zu spüren.

Weil der chinesische Automarkt in gigantischen Mengen Autos aufsaugt, sind so ziemlich alle Hersteller in Peking dabei. Ein paar wenige Marken wie Fiat, Opel oder Ssangyong mag man vermissen, doch die Europäer, Koreaner, Japaner und auch viele US-Marken sind nahezu geschlossen vertreten. Sogar Tesla, eigentlich messescheu, hat einen eigenen Stand. Damit bietet die Auto China an Marken und Fahrzeugtypen eine wohl einzigartige Diversität. Und alle, vor allem aber die Chinesen selbst, setzen auf Wachstum. Die Messehallen sind jedenfalls randvoll mit neuen Autos. Über 1.000 werden dieses Jahr vorgestellt. Mehr als jedes zehnte Exponat feiert in Peking sogar Weltpremiere. Zusätzlich haben sich 30 Asienpremieren zusammengefunden. Dabei sind konventionell getriebene Autos weiterhin in der Überzahl, doch die Zeiten, als E-Mobile als grüne Feigenblätter dienten, sind längst vorbei. Der chinesische Staat hat eine E-Auto-Quote verordnet, welche die Hersteller zwingt zu liefern. Entsprechend sind über 120 Exponate der heimischen Autobauer elektrisch getrieben. Zusätzlich stammen 50 Stromer aus nicht-chinesischer Produktion.

Auch für die deutschen Hersteller ist die Bedeutung Chinas enorm gewachsen. Ein gutes Beispiel für die herausragende Rolle, die China mittlerweile beigemessen wird, bietet Mercedes: 2017 konnte der Autokonzern 590.000 Autos unters Milliardenvolk bringen. Damit ist für die Stuttgarter das ostasiatische Boomland zum wiederholten Mal größter Markt der Welt. Das ist noch ausbaufähig, weshalb der Daimler-Konzern gleich drei sehr auf chinesische Befindlichkeiten zugeschnittene Weltpremieren im Gepäck hat, die zugleich die aktuellen Trends der Messe widerspiegeln.

Luxus, Limousinen und SUV

Kunden in China gieren nämlich nach Luxus, Limousinen und SUV. Letztere sind auf der Messe übrigens in überwältigender Zahl vertreten. Gleich alle wichtigen Trends in sich vereinen kann das Konzeptauto Ulitmate Luxury von Mercedes-Maybach. Die mächtige Stufenheck-Limousine wurde mit auffälligen SUV-Zitaten und einem unerhört edlen Interieur aufgewertet. Ganz nebenbei ist zudem der Antrieb rein elektrisch. Zusätzlich zeigt Mercedes erstmals die neue A-Klasse als Stufenheck-Limousine in einer exklusiv dem chinesischen Markt vorbehaltenen Langversion sowie eine gestreckte C-Klasse. Hier bleiben die Antriebe, zumindest vorläufig, hingegen konventionell.

Auch BMW zeigt neben klassisch angetriebenen Autos wie dem M2 Competition in China E-Visionen wie etwa den iX3. 2020 könnte das mit einem 200 kW / 270 PS starken E-Motor und einer für 400 Kilometer reichenden Batterie ausstaffierte SUV in dem Markt kommen. Außerdem stellt Ford erstmalig auf einer Messe den neuen Focus vor, allerdings als Stufenheck-Limousine, während Skoda in einer Weltpremiere das Kompakt-SUV Kamiq präsentiert. Andere Marken aus dem VW-Konzern haben bereits in Genf ihr Pulver verschossen, doch im Fall von VW reicht es noch für die Premiere des neuen Lavida sowie der Einführung einer neuen E-Auto-Marke namens Sol. Letztere zeigt das Mini-SUV E20X, das pro Batterieladung bis zu 300 Kilometer weit kommen soll.

Viele neue chinesische Automarken

Doch letztlich sind es vor allem die vielen neuen chinesischen Automarken, die den Besucher in Peking in den Bann ziehen. Wie aus dem Nichts neu entstanden sind neben Sol auch Elektroautomarken wie Weltmeister oder Pininfarina. Und dann gibt es noch viele junge Marken, die, das untermauern ihre neuesten Exponate, gekommen sind, um zu bleiben. So wie etwa das VW-Joint-Venture JAC mit dem tageslichttauglichen Kompakt-SUV S7. Neben der gefälligen Außenhaut bietet dieses Modell einen qualitativ überraschend hochwertigen Innenraum, der weder unangenehm riecht, noch Nachlässigkeiten bei der Verarbeitungsqualität offenbart. Hier waren offensichtlich Profis am Werk, was die Schalter in der Mittelkonsole aus dem Audi-Regal klar belegen. Neben Qualität stimmt bei den Chinesen mittlerweile auch das Design. Das kann manchmal überraschend frech und progressiv sein, oder ganz einfach nur umwerfend schön. Wie etwa beim Konzept X-Motion der SAIC-Tochter MG. Sollte das sportliche Kompakt-SUV 2019 weitgehend wie gezeigt auf den Markt kommen, wird MG mit dem Serienmodell ziemlich sicher den Sprung nach Europa wagen. Und vor diesem stehen bereits einige andere Hersteller wie Link & Co, Nio oder Byton, die, das hat der Messerundgang in Peking verdeutlicht, reif sind für den Sturm auf die Bastion Europa. Sehr bald schon dürften diese und andere China-Kracher das Angebot auch auf unserem Automarkt bereichern. 

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