Von Michael Specht/SP-X
Viel deutlicher als mit einem Tesla können Autofahrer ihren finanziellen Status, ihren beruflichen Erfolg und ihre "grüne" Einstellung zum Leben derzeit wohl nicht Ausdruck verleihen. Die Limousine Model S und das SUV Model X – die Preise beginnen bei rund 80.000 US-Dollar – fahren elektrisch und gelten als schick und cool. Ein Öko-Statement. In den USA übertraf das Model S in der Neuzulassungsstatistik bisweilen die Mercedes S-Klasse, in Norwegen zog der US-Stromer teils am VW Golf vorbei.
Im ersten Quartal 2017 hat Tesla über 25.000 Fahrzeuge verkauft, Rekord in der 14-jährigen Geschichte des Unternehmens und ein Plus von 64 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit könnte Tesla-Chef Elon Musk sein Versprechen halten, bis zum Juli die 50.000er-Absatzmarke zu schaffen. 2018 aber sollen es bereits 500.000 Autos sein. 2020 gar eine Million. Große Töne, große Zahlen.
Anleger sind entsprechend euphorisch. Sie kaufen Tesla-Aktien selbst auf "All-time-high"-Niveau. In einem internen Schreiben behauptet CEO Musk gar, dass ein Potenzial für eine Verzehnfachung des Aktienkurses innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre besteht. Am Börsenwert gemessen übertrafen die Kalifornier kürzlich sogar den hundert Mal größeren US-Autobauer Ford. Und dies, obwohl Tesla ein Winzling ist und seit Gründung 2003 noch keinen Cent verdient hat. Der Verlust für die ersten drei Monate in diesem Jahr betrug 330 Millionen US-Dollar, nach 280 Millionen im gleichen Vorjahrszeitraum.
100.000 Euro für ein Elektroauto?
Es bleibt abzuwarten, ob und wann Tesla die Gewinnschwelle erreichen wird. Nicht jeder glaubt an die kühnen Visionen des charismatischen Musk. Darunter (natürlich) auch Vorstände etablierter Automobilhersteller. "Es wird sich zeigen, ob die Kunden weiterhin bereit sind, über 100.000 Euro für ein Elektroauto auszugeben, wenn sie für deutlich weniger Geld ein deutsches Premium-Produkt bekommen können, das in der gleichen Liga fährt", sagte Audi-Vorstandschef Rupert Stadler in Shanghai bei der Vorstellung der Studie e-tron Sportback. Das Serienmodell soll 2019 erscheinen, ein Jahr nach dem e-tron SUV. Schon jetzt ist klar: Was die Qualität im Innenraum angeht, fährt Tesla deutlich hinterher.
Tesla Model 3 (2018)
BildergalerieNicht nur von Audi kommt mächtig Gegenwind. Auch Mercedes kontert 2018 mit einem elektrischen SUV, vertrieben unter der Submarke EQ. Die Stuttgarter wollen danach zügig elektrische Limousinen und Crossover folgen lassen. Nachbar Porsche bringt die intern sogar als "Tesla-Fighter" gehandelte Serienversion des "Vision E". Und auch die englischen Aktivitäten dürften den Tesla-Ingenieuren wenig Freude bereiten. Jaguar hat im nächsten Jahr seinen I-Pace fertig, Bentley will mit einem elektrischen Sportwagen kommen.
Sprung ins Volumensegment
Daher konzentrieren sich alle Aktivitäten des kleinen Autoherstellers auf das Model 3. Mit dem Mittelklasse-Modell will Tesla ins Volumensegment. Im Vergleich zur größeren Limousine Model S gilt das Model 3 mit 35.000 Dollar schon fast als Schnäppchen. Als im März 2016 die Orderbücher geöffnet wurden, verbrachten weltweit Kunden die Nacht vor den Showrooms, nur um am nächsten Morgen als einer der ersten unterschreiben zu können. Motto: first come, first serve. Mittlerweile sollen mehr als 400.000 Menschen bestellt haben. Jeder von ihnen hat 1.000 Dollar angezahlt, Geld, mit dem Tesla arbeiten kann. Die Reservierungen sind allerdings nicht verbindlich. Sollte Tesla mit dem Hochfahren der Modell-3-Produktion nicht nachkommen, dürften viele Interessenten wieder abspringen. Deutsche Kunden müssen mindestens bis Mitte 2018 warten.
Den preislichen Unterschied zum Model S spiegeln Batterieleistung und Reichweite wider. Für das Model 3 werden 345 Kilometer als Alltagswert angegeben, ermöglicht durch einen 60-kWh-Akku. Tesla hält sich beim Model 3 auch mit der Konfigurationsvielfalt, wie sie das Model S in Hülle und Fülle bietet, zurück. Es gibt wesentlich weniger Features und Ausstattungsoptionen. Zudem besteht die Karosserie nicht wie beim Model S komplett aus Aluminium, sondern größtenteils aus Stahl.
Angekündigt hat Elon Musk schon vor längerer Zeit eine weitere Baureihe. Sie soll angeblich den Buchstaben Y tragen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um ein Crossover-Derivat, das technisch mit dem Model 3 weitestgehend identisch ist.