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Fahrbericht Toyota bZ4X: Gelungenes Elektro-Debüt

15.07.2022 10:21 Uhr | Lesezeit: 7 min
Mit knapp 4,70 Metern Länge passt der bZ4X perfekt in die Mittelklasse, wie der Subaru Solterra, der Zwilling dieses Toyotas.
© Foto: Autoflotte

Mit dem ersten reinen Elektroauto startet Toyota auch sein Beyond-Zero-Programm. In beiden Fällen gilt: Die Japaner machen auf Anhieb vieles richtig.

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Mit einer Müllverbrennungsanlage hat der Copenhill auf den ersten Blick wenig gemein. Trotzdem handelt es sich hier um eine der modernsten Anlagen ihrer Art, indem sie aus ungeliebten Müll heißbegehrten Strom erzeugt. Toyota hätte sich kaum einen besseren Ort aussuchen können, um ihr erstes vollelektrisches Fahrzeug vorzustellen: den bZ4X.

Was auf den ersten Blick wie der Beginn eines sehr sicheren Passwortes aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als sinnvolle Nomenklatur. Während die ersten beiden Buchstaben auf die Zugehörigkeit zum Beyond Zero Programm hinweisen, verweist die "4" aufs Fahrzeugsegment (Mittellasse). Das "X" macht schließlich deutlich, dass es sich um ein Crossover handelt. So weit so klar.

Mit dem Kürzel "bZ" sollte man sich besser schnell anfreunden, denn unter der neu geschaffenen Serie sollen sämtliche Elektro-Modelle des Konzerns die Segel setzen. Der Kurs: Null CO2-Emissionen.


Toyota bZ4X: Gelungenes Elektro-Debut

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Neue Wege bei Design und Konstruktion

Die herstellerinterne Zäsur wird auch am Aussehen des bZ4X deutlich. Die mattierten Kotflügel und das kantige Design machen das Auto zum Hingucker, die schlanken Lichter und der Heckspoiler lassen den bZ4X gar ein wenig sportlich wirken. Der erste Elektro-Toyota misst 4,69 Meter lang, 1,86 Meter breit und 1,65 Meter hoch. Mit 4,69 Meter x 1,86 x 1,65 spielt er in Puncto Größe in einer ähnlichen Region wie der RAV 4, Im Gegensatz zu diesem fällt sein Kofferraumvolumen mit 452 Litern allerdings deutlich kleiner aus. Der RAV 4 kommt hier auf 547 Liter, was natürlich an der Batterie des bZ4X liegt. Die Anhängelast beträgt, sowohl ungebremst als auch gebremst, 750 Kg. Eine Wärmepumpe ist serienmäßig mit an Bord – energiesparend im Winter und alles andere als selbstverständlich.

Nicht nur beim Namen geht man bei Toyota neue Wege, sondern auch bei der Konstruktion hat man mit der e-TNGA-Plattform neue Pfade beschritten. Hier ist die Traktionsbatterie nämlich nicht einfach nur in der Karosserie untergebracht, sondern Teil derselben. Laut den Toyota-Ingenieuren soll das für eine höhere Karosseriesteifigkeit sorgen und sich recht einfach auf neue, auch größere Modelle, adaptieren lassen. Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise fällt erst beim Fahren auf: Der niedrigere Schwerpunkt sorgt dafür, dass der bZ4X mit dem Asphalt zu verschmelzen scheint. Selbiges kann man auch über die Sitze des Fahrzeugs sagen, in denen es sich auch auf längeren Strecken gut aushalten lässt.

Beim Design der Kombiinstrumente hat man sich für einen Mittelweg zwischen Head-Up-Display und digitalem Kombiinstrument entschieden. Das Ergebnis ist eine Anzeige, die einige Zentimeter Richtung Windschutzscheibe gewandert ist. Die dadurch entstandene Schneise sieht zwar recht unorthodox aus, hat aber den Vorteil, dass sich das Display sehr gut ablesen lässt, ohne den Blick von der Straße nehmen zu müssen.

Nicht weniger auffällig als die Tacho-Schneise ist Toyotas Verzicht auf ein Handschuhfach. Den damit einhergehenden Verlust an Stauraum soll die Mittelkonsole kompensieren, indem sie gleich auf zwei Etagen Platz für Getränke, Tempos und Co. bietet.

Durchzugstark und sanft zugleich

Selbstsicher preist Toyota auch die Allradqualitäten an, die nun – zusammen mit dem Toyota-Klon, dem Subaru Solterra – erstmals in der Klasse der Elektro-SUVs Einzug halten – zumindest, wenn man bereit ist, zur teuersten Ausstattungsvariante zu greifen, die mit zwei jeweils 109 PS starken Elektromotoren ausgestattet ist und mit mindestens 50.412 Euro netto zu Buche schlägt. Wem das zu teuer ist, kann auch günstigere Ausstattungsvarianten wählen, muss dann allerdings mit einem reinen Frontantrieb (204 PS) Vorlieb nehmen und mindestens 39.908 Euro löhnen, bleibt aber damit vorerst im vollen Fördertopf.

Wir sind die Allradversion gefahren, die bei einem beherzten Tritt aufs Gaspedal einen punchigen Eindruck macht. Schluss ist, wie bei den IDs von VW, bei 160 Km/h. Wer den Gasfuß nicht ganz so ambitioniert in den Fahrzeugboden versenkt, bekommt eine Ahnung davon, warum man sich bei Toyota für zwei identische Elektromotoren für vorne und hinten entschieden hat: Der bZ4X beschleunigt nämlich unglaublich smooth, als ob er an einer Schnur gezogen würde. Auch beim Beschleunigen mit Grundgeschwindigkeit, beispielsweise beim Überholen auf der Autobahn, macht der Motor einen souveränen und kräftigen Eindruck. Das kernig abgestimmte Fahrwerk vermittelt ein gutes Bild von der Straße und bügelt größere Schlaglöcher souverän glatt. Die Gelände-Ambitionen der Allradvariante werden von einer Bergabfahrkontrolle (DAC) und einer Gripsteuerung unterstrichen.

Eine Million Kilometer Garantie

Die Traktionsbatterie sorgt – zumindest auf dem Papier – für eine Reichweite von bis zu 415 Kilometer. Mit dem Fronttriebler sind sogar bis zu 513 Kilometer möglich. Beide Werte lassen sich in der Praxis und bei aktivierter Klimaanlage nur schwer erreichen, beim Einsteigen in unseren Testwagen wurden 320 Kilometer Reichweite angezeigt, die sich bei moderater Fahrweise durchaus erreichen lassen.

Die Batterie stammt, wie so viele Elektroauto-Batterien, aus dem Hause Panasonic und verfügt über eine Kapazität von 71,4 kWh (Brutto). Für die Qualität der Batterie verbürgt sich Toyota sogar: Der Hersteller garantiert, dass bei einer zehnjährigen Nutzung bzw. einer Million zurückgelegten Kilometern die Kapazität der Traktionsbatterie noch mindestens 70 Prozent ihres ursprünglichen Wertes beträgt. Für das Fahrzeug gibt es drei Jahre Garantie. Wer jährlich den Service in einer Fachwerkstatt durchführen lässt, kann sich über bis zu zehn Jahre Garantie freuen.

Nachbessern müssen sie allerdings noch beim Wechselstrom-Laden. Hier teilt sich der bZ4X das Schicksal vieler Modelle aus asiatischer Produktion und lädt mit nur einer Phase, sprich 6,6 kW. Ende des Jahres soll laut Hersteller ein Onboard-Lader mit 11 kW verfügbar sein – die ersten Kunden müssen also leidensfähig sein. Deutlich schneller geht es hingegen an der Gleichstrom-Ladesäule, hier lädt der bZ4X mit flotten 150 kW und ist damit State-of-the-Art, was aktuelle Ladegeschwindigkeiten für 400-Volt-Modelle betrifft. Für den Herbst soll zudem ein Solardach verfügbar sein, mit dem sich zusätzlich Strom in den Akku speisen lässt.

Ganzheitlicher Ansatz

Zwar ist der bZ4X das erste reine Elektroauto von Toyota, mit dem Kanzen-Programm (jap. "komplett/ganzheitlich") zeigen die Japaner aber, dass sie sich Gedanken gemacht haben und setzen direkt Maßstäbe. Das Programm beinhaltet einen ganzen Bauchladen an Produkten und Services, die mit dem neuen Antriebssystem zusammenhängen. Das Angebot reicht vom Gewerbekunden-Leasing über Fahrzeugwartung und Wallboxkauf bis hin zu Telematik-Versicherungen. In Zusammenarbeit mit e-mobilio will man zudem auch Ladelösungen und Installationsservices anbieten. Mit zolar hat man auch einen Kooperationspartner mit ins Boot geholt, der sich um die Installation von Solaranlagen kümmert.

Toyota hat es sich im Zuge dessen auch auf die Fahne geschrieben, Kunden über den Umweltbonus, die THG-Quote oder hinsichtlich der Planung einer Solaranlage zu beraten. Eine Ladekarte, mit der sich an 245.000 Ladestationen Strom zapfen lässt, ist ebenfalls möglich.

Damit bedienen die Japaner einen Wachstumsmarkt, denn das Interesse der Kunden nach Elektromobilität ist zwar vorhanden, jedoch ebenso die Angst und Unsicherheit in diesem Bereich. Insofern ist das ganzheitliche Angebot von Toyota hier sicherlich eine gute Idee. Eine Idee, mindestens so gut wie Müll zur Stromerzeugung zu verwenden.

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