Der kleine Sonnenkönig
Flottencheck | Wer provoziert, wird wahrgenommen. Der Neuling C4 Cactus will mit Konventionen brechen und mit seinen Eigenheiten nicht nur auffallen, sondern auch flottentauglich sein. Protokoll eines Teilerfolges.
— Die Doppelwinkel-Marke eckt wieder an. Die Tradition, waghalsiger Design-Studien zur Alltagstauglichkeit zu bringen, setzt der Citroën C4 Cactus eindrucksvoll fort. Der Kompakte mit dem BlueHDi-100-Motor agierte für zwei Wochen als Repräsentant in drei Fuhrparks. Svenja Grolla (A.P. Microelectronic aus Minden), Rüdiger Fischer (Arbeiter-Samariter-Bund aus Coburg) und Stephan Brück (Fresenius aus Minden) testeten den frechen Franzosen und urteilten – wie zu erwarten war – recht unterschiedlich. Es gibt viele Details, die einige Tester großartig fanden, andere aber eher unpraktisch, wie der Blick ins Testprotokoll verrät:
Rüdiger Fischer (ASB Coburg): Die Laufkultur ist vollkommen überzeugend. Das Durchzugsvermögen wird durch das Getriebe gedämpft. Die Fahrleistungen sind im Großen und Ganzen akzeptabel für diese Leistungsklasse.
Svenja Grolla (A.P. Microelectronic): Der Motor ist angenehm unaufdringlich und hat eine ruhige Laufkultur, spricht sofort an.
Stephan Brück (Fresenius): Der Motor war insgesamt in Ordnung. Ein Sechsgang-Schaltgetriebe wäre allerdings von Vorteil. Der Drehzahlmesser fehlt.
Getriebe
Fischer (ASB Coburg): Dem Getriebe fehlt eindeutig der sechste Gang. Der fünfte Gang ist wohl für den Spareffekt viel zu lang übersetzt, hierdurch leidet die Beschleunigung und vor allem die Elastizität. Dies macht sich auch im vierten Gang bei Stadttempo stark bemerkbar. Der Rückwärtsgang springt manchmal von selbst wieder raus.
Grolla (A.P. Microelectronic): Die Beschleunigung ist einwandfrei. Die Abstimmung zwischen Kupplung und Schaltung ist sehr gut. Die Schaltung mutet beim ersten Fahren etwas weich an, ist aber genau.
Brück (Fresenius): Da ein zeitgemäßes Sechsganggetriebe fehlt, muss man beim Beschleunigen das verbaute Getriebe aktiv durch Schaltvorgänge nutzen. Ein sechster Gang wäre eine gute Möglichkeit, um Kraftstoff zu sparen. Das angebotene Fünfgang-getriebe arbeitet aber nicht schlecht.
Innenraum
Fischer (ASB Coburg): Das Platzangebot auf den vorderen Sitzen ist der Fahrzeugklasse entsprechend sehr gut. Auf den Rücksitzen ist auch bei komplett zurückgeschobenen Vordersitzen noch ausreichend Beinfreiheit. Der Kofferraum ist ausreichend groß, jedoch stört die hohe Ladekante und die beiden Ausbuchtungen, die von hinten in den Kofferraum ragen. Das Cockpit ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig aufgrund der fehlenden, sonst üblichen Schalter etc. Die Ablagemöglichkeiten sind ausreichend. Spitzenklasse ist das sehr geräumige und perfekt zugängliche Handschuhfach. Die Klimafunktion ist hervorragend, die Bedienung jedoch umständlich und lenkt zu stark vom Verkehr ab.
Grolla (A.P. Microelectronic): Zum Platzangebot vorne: Die Beinfreiheit ist sehr gut. Die Kopffreiheit ist für größere Personen etwas eingeschränkt, da das Panoramadach erst relativ weit hinten beginnt. Zum Platzangebot hinten: Die Beinfreiheit ist gut, aber die Kopffreiheit ist wieder nicht optimal für größere Personen. Die Größe des Kofferraums ist für normale Transporte ausreichend. Die Ladekante könnte aber niedriger sein, auch wenn ich bei dem Modell Schlimmeres erwartet hatte. Ganz großer Nachteil ist die nicht geteilt umklappbare Rücksitzbank. Das Cockpit ist übersichtlich durch die Bündelung der Hauptfunktionsbereiche über den Bildschirm. Der Bildschirm startet jedoch nicht immer zuverlässig, oft bin ich schon einige Meter gefahren, bis der Bildschirm überhaupt anging. Ablagemöglichkeiten gibt es ausreichend. Das Handschuhfach bzw. das Innere ist vom Fahrersitz aus nur schwer zu erreichen. Die Klimafunktion ist in Ordnung, die Heizung könnte den Innenraum etwas schneller erwärmen. Die Ausstellfenster an den hinteren Türen sind unpraktisch und überflüssig. Die Verriegelung dafür passt auch optisch nicht zum Rest des Innenraums.
Brück (Fresenius): Das Platzangebot ist vorn sehr gut, hinten aber etwas knapp – besonders im Kopfbereich für größere Passagiere. Der Kofferraum ist ausreichend, das Cockpit ist gut und stimmig. Die Tankanzeige ist schlecht lesbar. Die Bedienung des Touchscreens ist gewöhnungsbedürftig.
Komfort
Fischer (ASB Coburg): Die Sitze sind bequem, aber für längere Strecken zu weich gepolstert und mit zu wenig Seitenhalt. Der Abrollkomfort ist bis zirka 100 km/h sehr leise, darüber aber dann ungewöhnlich laut. Der Federungskomfort ist durchschnittlich und für einen Franzosen eigentlich zu hart.
Grolla (A.P. Microelectronic): Die Sitze vorn sind bequem. Hierbei sei allerdings zu erwähnen, dass die Seitenpolsterung der Sitzfläche am Fahrersitz schon jetzt, nach knapp über 12.000 Kilometer Laufleistung, erste Abnutzungserscheinungen zeigt – das Leder verzieht sich, die Naht weitet sich. Die Sitze hinten sind nur bei hochgestellter Kopfstütze bequem, wobei die Sitzfläche definitiv zu kurz ist. Der Fahrkomfort ist sehr gut. Abroll- und Federungsverhalten sind optimal abgestimmt.
Brück (Fresenius): Der Fahrkomfort ist insgesamt in Ordnung. Die vorderen Sitze sind bequem, aber die Sitzhöhe hinten ist ungenügend. Der Einstieg vorn ist komfortabel, aber die Federung ist etwas hart.
Optik
Fischer (ASB Coburg): Das Fahrzeug sticht aus der Masse heraus. Es ist sehr auffällig im Straßenverkehr. Man merkt deutlich an Passanten und Autofahrern aufgrund deren Blicke, dass es ein auffälliges Design ist und immer noch nicht allzu häufig auf den Straßen zu sehen ist.
Grolla (A.P. Microelectronic): Die Optik ist ganz klar Geschmacksache. Manche Kollegen fanden ihn gut, modern, futuristisch, andere konnten damit nichts anfangen. Mir persönlich gefiel er gut, wobei ich die Front besser finde als das Heck.
Brück (Fresenius): Das Design ist innovativ. Optisch ist der Cactus ansprechend, obwohl die Plastikflächen Geschmacksache sind. Zumal ein Schutz vor Kratzern und Dellen auch nur im Türbereich besteht.
Verarbeitung
Fischer (ASB Coburg): Die Verarbeitung ist für ein französisches Fahrzeug überragend gut, jedoch muss an Details noch einiges getan werden. Die Materialqualität der Sitze ist gut.
Grolla (A.P. Microelectronic): Die Haptik ist sehr gut und die Ausstattung macht einen hochwertigen Eindruck, vor allem das Lenkrad und die Bedienelemente. Bei der Verarbeitung gibt es leider noch Defizite. Im hinteren Fahrzeugbereich knackt es bei der Kurvenfahrt, wenn die Rückbank besetzt ist. Die Kunststoffverkleidung der Dachreling sorgte dafür, dass mir an der Waschanlage vom Personal abgeraten wurde durchzufahren, was ich dann auch nicht gemacht habe.
Brück (Fresenius): Aufgrund des vielen Plastiks wirkt der Cactus nicht hochwertig. Ein Hebel für die Höhenverstellung hatte sich bereits gelöst. Die Klappfenster sind unpraktisch. Beim Viertürer müssen hinten Fensterheber sein. Die Dichtungen um das Glasdach werfen Falten.
Sonderausstattung
Fischer (ASB Coburg): Die Klimaautomatik ist sehr angenehm und die Heizung spricht sehr schnell an. Es wäre sehr hilfreich, wenn das Fahrzeug noch eine Handschuhfachbeleuchtung hätte. Ebenso fehlt die Tippfunktion bei den Fensterhebern. Bei Sonnenschein sollte das Glasdach durch eine Jalousie abdeckbar sein.
Grolla (A.P. Microelectronic): Die Rückfahrkamera und die automatische Lichtsteuerung waren besonders hilfreich. Eine Komfortschaltung für die Fensterheber wäre sinnvoll gewesen. Zur Sonderausstattung Wischautomatik sei noch zu erwähnen, dass die Sensibilität des Regensensors für mich nicht akzeptabel war. Entweder wischte dieser viel zu oft oder die Scheibe war komplett voll mit Regen, sodass ich den Wischer wieder manuell betätigt habe, um freie Sicht zu haben.
Brück (Fresenius): Hilfreich war auf jeden Fall die vorhandene Rückfahrkamera, da die Sicht nach hinten und schräg hinten unzureichend ist. Gut war auch das Navigationsgerät, allerdings mit der Einschränkung, dass die Funktionen TMC/TMC pro fehlten (siehe Kasten „Nachgefragt“ oben). Dabei ist ein Navi mit integrierten Verkehrsmeldungen unbedingt notwendig, ebenso wie ein auch in der Länge verstellbares Lenkrad.
Fahrverhalten
Fischer (ASB Coburg): Das Handling ist für die Länge des Fahrzeugs in Ordnung. Der Geradeauslauf ist tadellos, in schnell gefahrenen Kurven untersteuert er extrem und schiebt über die Vorderräder.
Grolla (A.P. Microelectronic): Das Fahrverhalten ist einwandfrei, dadurch ist das Fahrzeug sehr positiv aufgefallen. Da ich fast täglich eine Serpentinen-Strecke fahre, konnte ich insbesondere das Kurvenverhalten gut testen. Das war absolut zufriedenstellend.
Brück (Fresenius): Beim Fahrverhalten gab es nichts zu beanstanden.
Stärken
Fischer (ASB Coburg): Trotz zügiger Fahrweise war der Verbrauch nie höher als 5,0 Liter. Der Sitzkomfort und das Platzangebot auf den Vordersitzen sind hervorragend.
Grolla (A.P. Microelectronic): Auffällige Optik, sehr guter Fahrkomfort und ein gutes Fahrverhalten.
Brück (Fresenius): Optik, Platzangebot und Einstieg vorn. Auch das Fünfganggetriebe war gut.
Schwächen
Fischer (ASB Coburg): Meiner Meinung nach gibt es zu viel Elektronik an Bord. Die Fahrzeugfunktionen lenken beim Einstellen zu sehr vom Verkehr ab. Die größte Schwäche ist die viel zu breite C-Säule, die beim Rückwärtsausparken oder beim Rangieren das Sichtfeld ganz extrem einschränkt.
Grolla (A.P. Microelectronic): Verarbeitung und kleinere Defizite in der technischen Ausstattung.
Brück (Fresenius): Die Spritzigkeit fehlte etwas beim Cactus. Was auch am fehlenden sechsten Gang liegt. Weitere Kritikpunkte sind die Klappfenster hinten und die Sitze im Fond (wenig Kopffreiheit). Die Sicht nach hinten ist schlecht.
Ist das Fahrzeug für Ihren Fuhrpark/Ihren Einsatzzweck interessant?
Fischer (ASB Coburg): Ja. Zwar passt der Cactus nicht für all unsere Einsatzzwecke. Jedoch wäre das Fahrzeug für bestimmte Bereiche, etwa für den Einsatzleiter, durchaus interessant.
Grolla (A.P. Microelectronic): Nein. Als Flottenfahrzeug kommt der C4 Cactus nicht in Frage, aber ein Einsatz als „Showcar“ auf Messen zur Präsentation der von uns hergestellten Produkte für die Automobilindustrie könnte eventuell ein Thema sein.
Brück (Fresenius): Nein. Der Cactus ist eher ein Familienauto oder ein Zweitwagen und entspricht grundsätzlich nicht unserer Car Policy.
Konkurrenzvergleich
Fischer (ASB Coburg): Ich würde den kompakten Citroën C4 Cactus am ehesten mit dem Renault Captur oder dem Kia Soul vergleichen.
Grolla (A.P. Microelectronic): Im Vergleich zum VW Cross Polo sprechen die interessantere Optik und die bessere Sonderausstattung für den Citroën. Die bessere Verarbeitung und der höhere Wiederverkaufswert sprechen wiederum für den Polo.
Brück (Fresenius): Unser Fuhrpark besteht zum größten Teil aus Premiumfahrzeugen. Ein Vergleich mit dem Cactus ist deshalb nicht möglich.
| Protokoll: Rocco Swantusch
Citroën C4 Cactus | Bewertung der Teilnehmer in Schulnoten (Durchschnitt)
äußeres Design 1,66
inneres Design 1,66
Qualitätsanmutung insgesamt 2,66
Qualität der Materialien/Verarbeitung 3,0
Ausstattungsniveau 1,66
Bedienfreundlichkeit 3,0
Sicherheitsgefühl 2,0
Sitzkomfort 3,0
Einstiegskomfort 1,66
Übersichtlichkeit innen 1,66
Übersichtlichkeit außen 3,33
Ablagemöglichkeiten 2,33
Stauraum 2,66
Ladevolumen/Variabilität 3,0
Heizung/Klimaanlage/Lüftung 2,33
Beschleunigungsverhalten 2,33
Bremsverhalten 1,66
Schaltung 2,0
Fahrverhalten 1,66
Federung 2,0
Fahrgeräusch 2,66
Preis-Leistungs-Verhältnis 2,0
Gesamteindruck 2,33
Nachgefragt | Harald Mondt, Leiter B2B und Gebrauchtwagen bei Citroën Deutschland, und die Technikexperten des Importeurs beantworten Fragen rund um den zweiwöchigen Flottencheck des Cactus in drei sehr unterschiedlichen Fuhrparks
– Herr Mondt, hat der Cactus die hohen Erwartungen bislang erfüllt? Welche Flotten holen sich den frechen Franzosen?
„Wir sehen für den Citroën C4 Cactus ein enormes Potenzial im kleingewerblichen Bereich, speziell bei Zielgruppen, die sich etwas hervorheben wollen. Der C4 Cactus besticht durch seine enorm günstigen TCO-Werte und wird dadurch auch für Flotten interessant sein. Es mag sein, dass dieses Fahrzeug aktuell unterschätzt wird, doch bei Servicefuhrparks oder Fuhrparks der Dienstleistungsbranche kann der Citroën C4 Cactus seine Stärke voll und ganz ausspielen.“
– Eine teilbare Rückbank soll kommen. Wann kann diese bestellt werden?
Der Cactus bietet mit einer umlegbaren Rückbank zusätzlichen Raum und Variabilität für die häufigsten Ansprüche. Die komplett umlegbare Rückbank bietet zudem einen erheblichen Gewichtsvorteil, was sich positiv auf den Verbrauch und die Kosten auswirkt. Wir planen das optionale Angebot einer geteilt umlegbaren Rückbank, ein genauer Zeitpunkt steht noch nicht fest.
– Apropos orderbar. Ist ein schwereres, aber auch sparsameres Sechsganggetriebe in Sicht?
Ein Sechsganggetriebe ist nicht geplant.
– Eine Testerin hatte Probleme mit dem C4 Cactus an der Waschstraße. Gibt es hierfür gewisse Einschränkungen oder Besonderheiten zu beachten?
Der C4 Cactus hat serienmäßig die überdimensionale mechanische Handbremse (also keine elektronische Handbremse). In diesem Fall reicht es, in der Waschhalle die Position des Getriebes auf „N“ zu stellen. Der Motor muss nicht laufen.
– Ist im Radio die wichtige TMC-Funktion mit den Verkehrsinformationen generell nicht einstellbar oder kann man das Problem im Menü beheben?
Die TMC-Funktion ist selbstverständlich einstellbar. In der Betriebsanleitung auf den Seiten 274 bis 276 gibt es eine ausführliche Beschreibung. Die Betriebsanleitung ist im Fahrzeug über dem Bildschirm interaktiv erreichbar. Grundsätzlich empfehlen wir eine kurze Einweisung der Bedienung vom SMEG-Bildschirm und den spezifischen Ausstattungen des C4 Cactus vor Antritt der Fahrt (unter anderem mit Hilfe des Merkblatts zur Fahrzeugübergabe). | Protokoll: rs
Fragen an Harald Mondt
- Ausgabe 12/2014 Seite 56 (9.4 MB, PDF)