Das automatisierte Fahren wird den Lkw-Verkehr revolutionieren. Glaubt zumindest Daimler: Zusammengeschlossen zu einer autonomen Kolonne hat der Automobilkonzern nun drei selbstfahrende Fernverkehrs-Lkw auf die Autobahn 52 bei Düsseldorf geschickt. Künftig soll der Gütertransport durch die elektronische Kopplung weltweit effizienter und sicherer werden.
Denn der Computer im Fahrerhaus kann vor allem eines besser als der Mensch: schnell reagieren. Nur 0,1 Sekunden benötigt die Technik zum Bremsen, wenn der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu gering wird. Ein Mensch bräuchte im besten Fall 1,4 Sekunden. Weil der aus Sicherheitsgründen benötigte Abstand innerhalb der autonomen Dreiergruppe somit minimal sein kann – 15 Meter statt 50 Meter - benötigt der Dreier-Verbund statt 150 Meter lediglich 80 Meter Fahrbahnfläche.
Die enge Staffelung verbessert zudem deutlich den Luftwiderstand. Fahrzeug Nummer zwei und drei fahren wie Rennradler kraftschonend im Windschatten ihrer Vordermänner. Der Dreierverbund – von Daimler "Platoon" genannt – soll gegenüber drei Einzel-Lkw rund sieben Prozent Kraftstoff sparen. Damit sind laut dem Hersteller für einen beladenen 40-Tonnen-Sattelzug Verbrauchswerte von 25 Litern auf 100 Kilometern möglich. Das entspricht einem Verbrauch von 0,66 Liter pro Tonne Gewicht – weit weniger als bei einem Pkw.
Selbst lenkende und selbst fahrende Lkw
Wichtigster Bestandteil der "Highway Pilot Connect" genannten Technik ist der selbst lenkende und selbst fahrende Lkw, den Daimlers Truck-Sparte unter der Bezeichnung "Highway Pilot" 2014 erstmals als Studie vorgestellt hat und den sie seit Herbst 2015 unter anderem im deutschen Straßenverkehr testet. Der nächste Schritt ist nun gemacht: Mehrere dieser semi-autonomen Fahrzeuge sollen sich künftig zu einem Verbund zusammenschließen können. Dafür nutzen sie neben ihrer bordeigenen Sensorik ein spezielles WLAN-Modul, das die Kommunikation untereinander ermöglicht.
Entwickelt wurde die Technik vor allem für Länder mit langen, verkehrsarmen und eintönigen Transitrouten. So soll sie etwa die Fernfahrer in den USA oder in Australien entlasten. Denn ganz ohne Mensch kommt auch der Lkw der näheren Zukunft nicht aus; autonom Fahren beispielsweise wird er zunächst nur im gleichmäßigen Verkehr auf Schnellstraßen. Dass die Technik prinzipiell aber auch auf den komplizierten und vollen Autobahnen in Deutschland funktioniert, zeigt die aktuell absolvierte kurze Show-Fahrt auf der A 52.
Drei Lkw waren dabei rund um die Landeshauptstadt von NRW unterwegs, um sich kurzzeitig zu einem Verbund zusammenzuschließen. Jeder einzelne Fahrer aktivierte dazu zunächst den Autopilot und in einem zweiten Schritt die elektronische Koppelung. Die Fahrzeuge suchten daraufhin mögliche Partner und schlossen daraufhin die Verbindung. Somit sind auch spontane Platoons möglich; weder müssen sich die Fahrer vorher kennen noch die Fahrzeuge zur selben Spedition gehören. Andere Verkehrsteilnehmer erkennen die zusammengehörigen Lkw beispielsweise an einem gelben Blinklicht an jedem einzelnen Fahrzeug.
Fahren im Platoon
Während die Trucks im Platoon fahren, bleibt jeder Einzel-Lkw autonom und kann selbstständig auf Gefahren reagieren. Der Tross folgt also nicht blind dem Vorausfahrenden, sondern bremst oder lenkt weiterhin selbstverantwortlich. Um andere Verkehrsteilnehmer nicht durch seine pure Länge zu behindern, kann sich der Verband auch kurzzeitig lockern. Etwa, wenn ein Pkw zwischen den Trucks einschert. An Auf- und Abfahrten vergrößert der Autopilot sogar automatisch den Abstand zwischen den Lkw, um andere Autos passieren zu lassen.
Daimler glaubt fest an die Technik und verspricht eine kommende Serieneinführung. Ein Datum allerdings wird nicht genannt. Der Single-Highway-Pilot jedenfalls könnte laut früherer Aussagen gegen Ende des Jahrzehnts einsatzbereit sein. Dann könnte es auch mit dem Kolonne-Fahren schnell gehen. Allerdings fehlen in beiden Fällen derzeit noch die juristischen Voraussetzungen für autonomes Fahren im öffentlichen Straßenverkehr. (sp-x)