Bunte Schale trifft auf wertigen Kern
Zwei Welten | Der neue Renegade bricht mit vielen Traditionen. Der erste Italo-Jeep nutzt die kompakten Maße ziemlich konsequent. Als Fronttriebler und Allradler ist der echte Europäer etwas für Individualisten.
— Der im süditalienischen Melfi gebaute Renegade räumt mit vielen Vorurteilen auf. Er verbindet geschickt eigenwillige Optik mit hochwertiger Haptik. Für das Außendesign gab es übrigens eine Initialskizze, die laut dem Vizechef des Chrysler Interior Designs Klaus Busse tatsächlich auf der berühmten Serviette respektive dem Zettel entstand. „Der technoide Entwurf, der mir eigentlich am besten gefiel, sah manchen zu sehr nach U-Boot aus, also verfolgten wir die intern ‚E.T.‘ genannte Variante weiter.“
Feines Material | Tatsächlich erinnern die oben aufgesetzten mittigen Lüftungsdüsen ein wenig an die Augen des außerirdischen Filmhelden. Die Lüftungsgitter selbst gefallen mit satt rastenden und verstellbaren Lamellen und drum herum ist jetzt alles wertig hinterschäumt. Auf der Beifahrerseite gibt es den für Jeep typischen Haltegriff.
Auch der weitere Innenraum wirkt wertig und wie aus einem Guss. Er lässt sich selbst durch grobe Schlaglöcher nicht zum leisesten Knistern oder Zirpen hinreißen. Bei der bugartigen, sehr soliden Karosserie hat Jeep massiv nachgelegt und nähert sich mit dem Kleinen dem Premiumrevier an.
Große Wirkung | Massiv fallen leider die A- und C-Säulen aus, was die an sich gute Übersichtlichkeit etwas einschränkt. Zusammen mit der mächtigen Hupe und den steil stehenden Scheiben hat man das Gefühl, hier einen ziemlichen Brocken zu bewegen, der in Wirklichkeit kürzer ist als ein VW Touran.
Von dem ist er in Sachen Bedienlogik, Haptik und Optik objektiv gar nicht so weit weg. Wenngleich der Süditaliener gegenüber dem Wolfsburger subjektiv tatsächlich eher den Rebellen mimt.
Ein Normverbrauch von 4,6 Litern Diesel (CO2-Wert: 115 g/km) klingt wenig rebellisch, sondern durchschnittlich. Fein abgestimmt und gedämmt wurden die kräftigen Multijet-Diesel, die 120, 140 oder 170 PS aus 2,0 Litern Hubraum herausholen. Der 120-PS-4x2-Version reichen sogar 1,6 Liter Hubraum.
Die Selbstzünder sprechen spontan an, klingen fast wie Benziner und kommen ohne Turboloch zur Sache. Die Kraft lässt sich über die Sechsgangbox ordentlich dosieren. Wer in schwereres Terrain will, kann die Trailhawk-Version mit Untersetzung und Bergabfahrhilfe wählen. Außerdem hat Jeep die elektronischen Assistenten und die Konnektivität auf den aktuellen Stand gehoben. Auch die Neungang-Automatik ist up to date.
4x2 als Favorit | Die Preise für den Diesel starten bei 19.832 Euro für den handgeschalteten 140 PS starken Longitude-Fronttriebler – hier rebelliert der Renegade gegen seine eigene Herkunft und dürfte der erste Jeep werden, der wohl häufiger als Fronttriebler statt als Allradler zum Kunden rollt. Der Allradpreis startet bei 22.270 Euro, womit dieser sich unter den günstigen 4x4-Angeboten einreiht. 24.874 Euro werden für die Automatik-Version fällig, die Jeep an das mittlere Limited-Niveau knüpft.
Fazit | Wer mit den burgartigen A-Säulen und in der Praxis prinzipbedingt eher durchschnittlichen Verbräuchen leben kann, findet im Renegade ein ziemlich vernünftiges und herrlich individualisierbares Kompakt-SUV, das mit ordentlicher Haptik, gepaart mit auffälliger Optik, punktet und sich trotzdem fährt, wie es sich für einen Jeep gehört.
| Gregor Soller
1,6 Multijet 4x2 ab 19.832 Euro R4/1.598 cm3 | 88 kW/120 PS | 320 Nm/1.750 U/min 6-Gang | 10,2 s | 178 km/h | 4,6 D | 120 g/km
2,0 Multijet 4x4 ab 22.270 Euro R4/1.956 cm3 | 103 kW/140 PS | 350 Nm/1.750 U/min 6-Gang | 9,5 s | 182 km/h | 5,1 D | 134 g/km
2,0 Multijet 4x4 ab 26.807 Euro R4/1.956 cm3 | 125 kW/170 PS | 350 Nm/1.750 U/min Automatik | 8,9 s | 196 km/h | 5,9 D | 155 g/km
4.255 x 1.805 x 1.697 mm | 351–1.297 Liter
Wartung: alle 40.000 km
Niveaus: Sport | Longitude | Limited | Opening Edition | Trailhawk
- Ausgabe 11/2014 Seite 58 (4.5 MB, PDF)