Alles außer gewöhnlich
Zwei Wochen lang testeten drei Leser den Lexus CT 200h. Ob der Vollhybrid flottentauglich ist? So fällt das Urteil der Flottenprofis aus.
Seit März auf dem Markt, wurden bis November 2011 bislang 173 Lexus CT 200h für Flotten zugelassen. Der Vollhybrid mit Benzin- und Elektromotor mag auf den ersten Blick nicht das klassische Dienstauto sein, andererseits klingen 3,8 Liter Verbrauch auf 100 Kilometern bei einem CO2-Ausstoß von 87 g/km verlockend (Basisausstattung). Anneliese Niekamp von der Future Electronics Deutschland GmbH, Andreas Klingler von der Bildungsverlag Eins GmbH und Nick Hildebrandt von Standard Life haben den Lexus CT 200h zwei Wochen lang getestet (Dynamic bzw. Impression Line). Hier ihre Bewertungen, die teilweise sehr unterschiedlich ausfallen.
Motor
Hildebrandt: Der Motor ist sehr leise, auch das Zuschalten während der Fahrt bemerkt man fast gar nicht. Beim Beschleunigen wirkt er allerdings sehr angestrengt und wird sehr schnell brummig. Da die Gänge recht weit auseinanderliegen, gewinnt man den Eindruck, als würde der Motor beim Beschleunigen abgewürgt.
Niekamp: Bei höheren Geschwindigkeiten ist der Motor etwas laut und ohne Sportprogramm nicht so spritzig.
Klingler: Elektro- wie Benzinmotor machen einen guten Eindruck, je nach Fahrstufe bieten sie gute Fahrleistungen. Eine exakte Zuordnung der Motorenleistung zu Elektro oder Benzin ist im Normalbetrieb selten möglich.
Vollhybrid/Fahrmodi
Hildebrandt: Das Prinzip des Vollhybrids ist zukunftsweisend, nach meinen Erfahrungen aber noch nicht ausgereift und eher etwas für den Stadtgebrauch. Die während der Fahrt entstehenden Geräusche sind im Stadtverkehr nahezu nicht vernehmbar. Der EV-Modus wurde von mir selten erzwungen, zuweilen sprang er von selbst an. Alle Modi haben gemeinsam, dass wirkliches Beschleunigen nur bedingt möglich ist. Das ständige manuelle Wählen der Fahrmodi nervt etwas, besser wäre ein automatisches, den jeweiligen Gegebenheiten angepasstes Eingreifen der Bordelektronik.
Niekamp: Der Wechsel von Elektro- zu Verbrennungsmotor war etwas laut, aber kaum spürbar. Der Normalmodus bot etwas zu geringe Beschleunigungswerte, speziell für ein Auto dieser Klasse beziehungsweise mit diesem Gesamtgewicht. Im Sportmodus war die Beschleunigung im Vergleich zu einem VW Golf normal.
Klingler: Das Fahrzeug fährt sich gut, nach einiger Zeit völlig normal. Ohne Blick auf die Antriebsdetails fährt sich der Wagen im Normalbetrieb nicht anders als ein anderes hochwertiges Benzin- oder Dieselfahrzeug. Im flüssigen Verkehr mitzufahren, erfordert mindestens den Normalmodus.
Getriebe
Hildebrandt: Das CVT-Getriebe ist zu lang übersetzt.
Niekamp: Sehr schön: kein Ruckeln, sehr sanft.
Klingler: Das Getriebe ist in allen Fahrstufen gut abgestimmt, die Schaltvorgänge sind praktisch nicht fühlbar.
Innenraum/Komfort
Hildebrandt: Das Platzangebot reicht aus, allerdings hätte ich mir für diese Klasse mehr Platz gewünscht, vor allem mehr Ablagemöglichkeiten. Aufgrund des breiten Mitteltunnels, den man nicht als Armlehne benutzen kann, empfand ich im Fahrerbereich sehr schnell eine gewisse Enge. Dadurch, dass neben dem Gaspedal gleich die Wand des Mitteltunnels steht, hat man keinen Platz für den Fuß. Trotz des vielfältig einstellbaren Sitzes blieb ich häufiger mit den Knien am Lenkradtunnel hängen. Die Cockpit-Funktionen sind bis auf einige Ausnahmen selbsterklärend. Negativ fiel mir die zum Teil umständliche Bedienung des Bordcomputers auf. Qualitätsanmutung und Haptik sind premiumgerecht. Allerdings sind einige Schalter nicht günstig angeordnet oder gar überflüssig. Der Kofferraum ist sehr klein. Die Ledersitze sind eigentlich sehr gut, dennoch werden sie auf langen Fahrten etwas unbequem. Die Reifenabrollgeräusche kann man kaum wahrnehmen, der Federungskomfort ist angenehm.
Niekamp: Das Platzangebot vorne ist gut, hinten etwas eingeschränkt (speziell mit Kindersitzen). Der Fahrkomfort erwies sich als optimal, die Sitze waren sehr angenehm und bequem.
Klingler: Vorne war das Platzangebot gut, hinten für Personen über 1,90 Meter ungeeignet. Den Kofferraum empfand ich als eng und zu flach, die Klimatisierung dagegen als gut. Das Fahrwerk war ebenfalls gut: sicher und hart. Da das Fahrzeug wenig Bodenfreiheit hat, sind Frontspoilerschäden vorprogrammiert.
Fahrverhalten
Hildebrandt: Handling und allgemeines Fahrverhalten sind sehr gut, die Lenkung gestaltet sich leichtgängig, ohne den gefühlten Straßenkontakt zu verlieren.
Niekamp: Das Kurvenverhalten war in Ordnung, der Geradeauslauf vorbildlich. Lediglich die Agilität erwies sich als etwas eingeschränkt.
Klingler: Das Fahrverhalten war gut und ausgewogen, sportlich. Es vermittelt Reserven und Sicherheit.
Optik/Verarbeitung
Hildebrandt: Das äußere wie auch innere Design ist sehr ansprechend. Die innere Verarbeitungsqualität entspricht meinem Anspruch an ein Premiumprodukt.
Niekamp: Der Testwagen hatte eine sehr ansprechende Lackierung bei schöner Silhouette. Die Verarbeitung: sehr hochwertig.
Klingler: Modernes Design mit sportlicher Note. Die Verarbeitung macht einen hochwertigen Eindruck – innen wie außen. Die Materialien, hier Leder, waren angenehm.
Sonderausstattung
Hildebrandt: Besonders hilfreich waren das Navigationssystem und der Parkwarner, zusätzlich würde ich einen Toter-Winkel-Warner und eine Blinker-Automatik (Tipp-Automatik) für sinnvoll erachten. Generell halte ich es für notwendig, dass es für alle Ausstattungsvarianten die identische Sicherheitsausstattung gibt.
Niekamp: Als hilfreich hat sich die Rückfahrkamera erwiesen; generell sind meiner Meinung nach Park Distance Control, Automatik und Tempomat notwendig.
Klingler: Die Rückfahrkamera war ebenso hilfreich wie das Abstandsradar; zusätzlich sinnvoll wäre eine elektronische Handbremse. Generell halte ich Parksensoren, Radio-, Navigations-, Klimasystem und Nebelscheinwerfer für notwendige Ausstattungen.
Verbrauchswerte
Hildebrandt: 5,0 Liter/100 Kilometer
Niekamp: 6,5 Liter/100 Kilometer
Klingler: 7,0–9,0 Liter/100 Kilometer (circa 750 Kilometer Autobahn + 100 Kilometer Stadtverkehr)
Besondere Stärken/Schwächen
Hildebrandt: Der Lexus CT 200h bietet ein fortschrittliches Antriebskonzept, allerdings habe ich auch Schwächen ausgemacht: zu hoher Verbrauch, sehr kleiner Kofferraum, umständliche Bedienung, hoher Preis, zu wenig Ablagemöglichkeiten, kein Diesel-Hybrid.
Niekamp: Die Verarbeitung und das umweltverträgliche Konzept sind Stärken des Lexus CT 200h. Seine Schwächen: brummiger Motor, etwas antriebsschwach.
Klingler: Gute Verbrauchswerte bei langsamer Stadtfahrt stehen hohen Verbrauchswerten bei Autobahnfahrt gegenüber. Zudem ist der Bordcomputer überladen, der Tank klein und die Fußhandbremse hat mir ebenfalls nicht gefallen.
Interessante Alternative?
Hildebrandt: Aufgrund der hohen Kosten ist der Lexus CT 200h privat keine Option für mich, für unseren Fuhrpark wegen der unsicheren Wertentwicklung und den daher wahrscheinlich sehr hohen Leasingraten auch nicht. Der Wagen an sich ist zudem für uns zu klein. Generell ist ein Hybridfahrzeug schon interessant, aber nur als Kombi und mit Verbrauchswerten, die die Werksangaben annähernd erreichen.
Niekamp: Der Lexus CT 200h und generell ein Hybridfahrzeug wären nichts für unsere Einsatzzwecke, da alle Firmenfahrzeugfahrer Außendienstler sind, also meistens Autobahn fahren. So kämen die Vorteile des Hybrids kaum zum Tragen.
Klingler: Hybridfahrzeuge sind generell für unseren Fuhrpark interessant, der Lexus CT 200h allerdings nicht. Denn unsere Außendienstmitarbeiter brauchen Lademöglichkeiten. Zudem fahren sie sehr viel Autobahn und daher mit einem modernen Diesel wesentlich günstiger.
susanne löw
Kommentar
Luxus im Lexus
Im Anschluss an den Flottencheck bei den Lesern hatte auch die Redaktion der Autoflotte die Gelegenheit, den Lexus CT 200h im Verkehrsalltag zu testen.
Den Motor des Lexus CT 200h mit einer systemischen Gesamtleistung von 136 PS anzulassen, bedeutet einen Knopfdruck ohne hörbare Folgen. Vollhybrid eben. Ein Hybridantrieb soll die ganze Fahrweise ruhiger machen, den Fahrer erziehen können – heißt es häufig von Hybridherstellerseite. Mal abwarten.
Zugegeben, es geht auch noch beim elektrischen Beschleunigen ruhig los, bis der 99-PS-Ottomotor anspringt – sei es bei (zu) starker Beschleunigung oder beim Erreichen einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h. Bleibt man innerhalb der Stadtgrenze, wo man häufiger beim Stop-and-Go-Verkehr mit dem EV-Modus den elektrischen Betrieb nutzen kann, wirkt sich das auch erfreulich auf den Verbrauch aus. Unser Verbrauch lag bei einem hohen Anteil von Autobahnkilometern bei 6,4 Litern. Je höher die Geschwindigkeit jedoch wird, umso mehr hört man den Motor aufheulen, das stufenlose CVT-Getriebe hilft nur zäh auf die schnellen Sprünge.
Mit dem Wechsel in den Sportmodus wird ein direkteres Ansprechverhalten aktiviert, der Lexus stellt alle Zeichen auf Dynamik, indem zum Beispiel der Elektromotor zusätzliche Power bietet. Aus der Eco-Anzeige wird ein Drehzahlmesser, die Tachobeleuchtungsfarbe wechselt von Blau auf Rot. Etwas zu sportlich im Sinne einer harten Federung fährt es sich dabei allerdings mit den 17-Zoll-Leichtmetallfelgen.
Im gefahrenen Lexus CT 200h mit Dynamic Line – der zweiten von drei Zusatzausstattungslinien – lässt es sich dagegen mehr als aushalten, erst recht mit den Zusatzpaketen: Premiumverarbeitung, Ledersportsitze mit Sitzheizung vorne und Smart-Key-System sorgen für hohen Komfort. Praktisch: die Rückfahrkamera mit Einparkunterstützung.
Als innovativ erweist sich der „Joystick“ in der Mittelkonsole. Ähnlich wie eine Computermaus liegt das Remote-Touch-Bedienelement in der rechten Hand, mit dem man sich durch das Festplattensystem und damit durch die Steuerung und Anzeige von Klima, Audio, Telefon, Navigation sowie Verbrauch klickt. Die vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten muss man mögen, aber wer sich einen Lexus CT 200h anschafft, bei dem kann die nötige Affinität vorausgesetzt werden. Auch ohne Zusatzausstattungslinie fährt der CT 200h unter anderem mit ABS, Antriebsschlupfregelung, Berganfahrkontrolle und Bremsassistent vor.
Durch den 82-PS-Elektromotor an der Hinterachse bietet der Kofferraum nur ein Volumen von 333 Litern (+ 42 Liter Unterflurstaufach). Auch das Platzangebot im Fond erweist sich als etwas eingeschränkt.
Dennoch: Schnell und gerne gewöhnt man sich an das mühelose, weil schaltlose und streckenweise lautlose Fahren. Ein Hybrid kann einen Fahrer also erziehen. Wie im echten Leben muss der „Schüler“ aber auch lernwillig sein.
Susanne Löw
- Ausgabe 1/2012 Seite 36 (621.2 KB, PDF)