Das Amtsgericht Frankfurt a.M. hat entschieden (Urteil v. 18.2.2019, Az. 32 C 2803/18 [27]), dass die Hausratversicherung bei fehlenden Aufbruchspuren nicht für aus einem Auto entwendete Gegenstände aufkommen muss, auch wenn es möglich erscheint, dass Diebe den Verriegelungsmechanismus elektronisch manipuliert haben könnten. Damit befasste sich die untergerichtliche Rechtsprechung erstmals mit neuen technischen Möglichkeiten ein Fahrzeug aufzubrechen, und dem daraus entstehenden Fragenkreis des Versicherungsschutzes bei derartigen Fallkonstellationen. Aus dem Fahrzeug des Versicherungsnehmers wurden an sich versicherte Gegenstände entwendet. Problem für den Versicherer und das Gericht ist, dass die Diebe dabei keine Aufbruchspuren am Fahrzeug hinterließen.
Funksignal abgefangen
Die Methoden der Diebe, mit denen sich das Gericht befassen musste, waren "Relay Attack" und "Jamming". Bei Relay Attack handelt es sich um das unbefugte elektronische Öffnen eines Fahrzeugs. Hierbei fängt der Täter das Funksignal des Autoschlüssels ab, um mit den so ausgespähten Schlüsseldaten das ordnungsgemäß verschlossene Fahrzeug unbefugt zu öffnen. Beim Jamming dagegen blockiert ein Sender, der "Jammer", die Funkfernbedienung des Schlüssels, sodass das Fahrzeug gar nicht erst abgeschlossen wird.
Diese zwei Methoden führen mit unterschiedlicher Begründung der Versicherer zum gleichen Ergebnis, der Ablehnung der Eintrittspflicht.
Im Fall der Relay-Methode entschied das Gericht, dass die Versicherung bei fehlenden Aufbruchspuren nicht für den Wert der aus dem Fahrzeug entwendeten Gegenstände aufkommen muss. Nach Ansicht des Richters soll dies auch in den Fällen gelten, in denen es möglich erscheint, dass die Diebe den Verriegelungsmechanismus elektronisch manipuliert haben.
Ein Einbruchsdiebstahl hinterlässt zwangsläufig Spuren, die bei dieser Methode und im konkreten Fall fehlten. Der Versicherungsnehmer konnte ein Aufbrechen mittels Relay Attack nicht beweisen. Er habe, so das Gericht, nicht nachgewiesen, dass das Auto tatsächlich verschlossen war, dass es also die typischen Verschlussgeräusche oder das Aufleuchten der Blinker abgegeben habe. Wie auch, wenn er nicht in der Nähe war. Dieses Beweisproblem ist indessen nicht wirklich neu.
Die Versicherungsbedingungen sehen vor, dass Eintrittspflicht nur dann besteht, wenn der Diebstahl"durch Aufbrechen des verschlossenen Kfz" begangen wird. Dem Aufbrechen des Kfz steht nach den Bedingungen "die Verwendung falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge zum Öffnen der Türen des Fahrzeugs" gleich. Die neuen Methoden kennen die Versicherungsbedingungen (noch) nicht.
Auch nach der ständigen Rechtsprechung des BGH muss der Versicherungsnehmer das äußere Bild einer (versicherungsrechtlich) bedingungsgemäßen Entwendung beweisen, somit ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine versicherte Entwendung zulassen (BGH, Entscheidung v. 18.10.2006, Az. IV ZR 130/05, VersR 2007, 102).
War das Auto wirklich zu?
Zwar kommt vorliegend für die elektronische Manipulation durch Relay Attack die Annahme des Merkmals "falscher Schlüssel oder andere Werkzeuge" grundsätzlich in Betracht. Diesen Weg konnte das befasste Amtsgericht jedoch nicht gehen, weil der Versicherungsnehmer nicht nachweisen konnte, dass er sein Fahrzeug tatsächlich zuvor abgeschlossen hatte. Ein Zeuge hatte zwar bestätigt, dass der Versicherungsnehmer beim Verlassen des Fahrzeugs an der Fahrertür zog. Der Zeuge hat aber weder typische Verschlussgeräusche noch das Aufleuchten der Blinker wahrgenommen. Ohne die Entscheidung über Gebühr kritisieren zu wollen hätte die vom BGH hervorgehobene "Lebenserfahrung" bei der Beweiswürdigung vielleicht ebenso weitergeholfen, wie die Frage danach, wie weit man hier die Beweislast ausweiten möchte. Die Fahrertür war wohl offensichtlich verschlossen und die Blinker-Rückmeldung kann auch abgeschaltet werden.
Zwei Lösungsansätze
Aber immerhin zeigt die Entscheidung, dass mit den neuen Methoden der Täter zuallererst die Versicherungsbedingungen überfordert sind, woraus man dem Gericht keinen Vorwurf machen kann. Die moderne Technik schafft immer mehr Möglichkeiten eines unbemerkten Einbruchs. Die Versicherungsbedingungen decken nicht alle Konstellationen ab.
Die Lösung? Entweder eine Überprüfung und Überarbeitung der Versicherungsbedingungen oder eine Anpassung durch richterliche Auslegung (Rechtsfortbildung) der alten Bedingungen. Allerdings muss dabei auch bedacht werden, die Beweisanforderungen nicht allzu gering anzusetzen und so dem Versicherungsbetrug Vorschub zu leisten.
Noch verzwickter ist die Bedingungs- und Beweislage beim Jamming, das vom Wortlaut bisher eindeutig nicht unter Bedingungen fällt. Denn wird das Fahrzeug durch die Blockierung des Schlüsselsenders gar nicht erst verschlossen, fehlt es schon am bedingungsgemäßen Merkmal dem "Diebstahl aus einem verschlossenen Fahrzeug".
Michael Ludovisy, Rechtsanwalt und Rechtsexperte der Autoflotte
Diebstahl aus verschlossenem Pkw ohne Aufbruchsspuren - keine Eintrittspflicht
Für das OLG Hamburg stand das Fehlen von Einbruchsspuren im Fokus, mit dem Ergebnis der Ablehnung einer Eintrittspflicht des Versicherers. Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie die Gegenstände ohne irgendwelche erkennbaren Aufbruchspuren aus dem Fahrzeug gestohlen worden sein können, wenn dieses - wie behauptet - ordnungsgemäß verschlossen gewesen wäre. Soweit der Versicherungsnehmer meint, dass der Einsatz eines "Jammer" entweder das Eindringen mittels eines falschen Schlüssels oder eines anderen, nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugs darstelle, vermag auch diese Begründung das Gericht nicht zu überzeugen. Es kann - so das Gericht - offen bleiben, ob ein "Jammer" nach seiner Funktionsweise überhaupt ein falscher Schlüssel oder ein nicht zum Öffnen bestimmtes Werkzeug im Sinne der Versicherungsbedingungen sein kann. Durch Jamming wird die Fahrzeugtür nicht geöffnet, sondern die Funkfernbedienung des Schlüssels dergestalt blockiert, dass die Fahrzeugtüren schon gar nicht abgeschlossen werden können. Auch bei Einsatz eines sogenannten Jammer wäre das Fahrzeug nicht "verschlossen" im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen.OLG Hamburg, Entscheidung v. 5.4.2016,Az. 9 U 10/16, NZV 2017, 185
Leistungskürzungen bei Diebstahl eines ungesicherten Anhängers
Die Kaskoversicherung kann bei Diebstahl eines ungesicherten Kfz-Anhängers Leistungskürzungen vornehmen. Vorliegend wurde ein ungesichert im öffentlichen Verkehrsbereich abgestellter Auflieger zusammen mit einem mit Kaffeeprodukten beladenem Container entwendet. Das Gericht sah in der unterlassenen Sicherung ein grob fahrlässiges Verhalten und kürzte die Versicherungsleistung um 50 Prozent. Auch eine nur kurzfristige Zwischenlagerung des Anhängers mit diebstahlgefährdeter Ladung im öffentlichen Straßenverkehr, ohne die Benutzung eines in der Transportbranche üblichen und geeigneten Schlossmechanismus, stellt ein subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten dar, welches die Leistungskürzung rechtfertigt.OLG Bremen, Entscheidung v. 21.05.2019,Az. 3 U 21/18
- Ausgabe 01/02/2020 Seite 56 (102.4 KB, PDF)